#162 Das läuft im Recruiting schief
Shownotes
Unzulänglichkeiten im Recruiting kosten Top-Talente – und niemand spricht es offen aus. Im Podcast zeigt Marcus Reif, warum Unternehmen dringend umdenken müssen: Statt Wunschprofilen und Bauchgefühl braucht es echte Vorbereitung, strategisches Talentmanagement und den Mut, Fehler zu erkennen.
Klar ist: Kündigungen passieren nicht plötzlich – sie beginnen im Kopf, lange bevor das Schreiben auf dem Tisch liegt. Wer früh Anzeichen erkennt, wer Führung ernst nimmt und Recruiting als strategischen Prozess versteht, gewinnt langfristig die besseren Mitarbeitenden.
🎧 Jetzt reinhören und lernen, warum valide Prozesse, gute Führung und ehrliche Stellenanzeigen im Kampf um Talente entscheidend sind.
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00:00:06: Intro: Die HRM Hacks Tricks, Tipps und Hilfe für Ihre HR Herausforderungen und HR Strategien. Denn der Mensch ist der wichtigste Faktor für den Erfolg Ihres Unternehmens.
00:00:21: York Lemb: Hallo und herzlich willkommen bei dem HRMHacks Podcast Live von der Retention Pro in Wiesbaden. Mein Name ist York Lemb und ich bin heute die Vertretung von Alexander Petsch und es ergab sich draußen vor der Tür eine unfassbar tolle Gelegenheit, nämlich Marcus Reif in die Podcastlounge zu ziehen, der sich bereit erklärt hat, ein Interview zu geben. Heute geht es also. Wer ist Marcus Reif? Da wird er gleich mehr dazu sagen, als ich dazu kann. Aber er ist top Personalleiter im Beratungs- und Bankenumfeld und wir haben heute das Thema Unzulänglichkeiten im Recruiting. Fangen wir mal vorne an, lieber Marcus. Stell dich doch mal vor. Wer bist du? Was machst du? Und warum bist du denn kompetent in dem, was wir hier gerade besprechen wollen?
00:01:10: Marcus Reif: Jörg, vielen Dank, dass ich da sein darf. Also, ob ich kompetent bin, Das werden wir rausfinden. Ich bin seit vielen, vielen Jahren im Recruiting und in der Personalleitung unterwegs, bei großen Beratungen und großen Banken und bin Beirat im Web, das der Bundesverband für Recruiting, Employer Branding und Personalmarketing Quality Employer Branding heißt Web und hostet dort auch die Podcastserie und beschäftige mich eigentlich mein ganzes Leben lang schon mit der Frage Welche? Welche Fehler und Unzulänglichkeiten haben wir denn in dem Personalauswahlprozess? Und schön, dass wir die Gelegenheit haben, heute zusammen mal darüber zu sprechen.
00:01:46: York Lemb: Das ist schön. Du hast in einem ganz kurzen Briefing hast du den ersten Stich, das erste Stichwort gesagt, wo ich denke Guck, das ist ja beim Auswahlprozess ganz seltsam, dass wir mit der Kündigung anfangen. Das ist ja eigentlich der letzte Punkt, sozusagen. Ja, aber schieß mal los.
00:02:00: Marcus Reif: Also, ich sehe, dass wir einen großen Mangel haben an validen Prozessen. Und ein valider Prozess in der Personalabteilung ist mit Sicherheit das strategische Talentmanagement. Also welche Fähigkeiten und welche Ressourcen brauche ich eigentlich um eine Langfristplanung? Und die Personaler werden sehr oft von der Fluktuation überrascht. So Fluktuation ist eigentlich nichts Überraschendes, weil die kann ich messen, die kann ich beobachten. Ich kann sogar schlechte Führungskräfte messen, indem ich mir anschaue wie ist die Mitarbeiterzufriedenheit, wie ist der Krankenstand und wie ist die Fluktuation in einem einzelnen Team? Schon erkenne ich Führungskräfte, die Unterstützung brauchen, weil sie eben nicht so führen, dass Mitarbeiter eine Bindung entwickeln, sondern sie gehen so und das, was im Unternehmen passiert, ist im Grunde Jemand kommt zu seinem Vorgesetzten und sagt Ich möchte gerne kündigen und legt ihm dann das Kündigungsschreiben hin. Und der Vorgesetzte ist erstmal überrascht, weil die Kündigung konnte man ja nicht sehen. Also funfact man kann es sehen und sagt dann ja warum denn? Und am Ende kommt irgendwas raus mit ich gehe zum Unternehmen. Da ist man Teamgröße. Ich bekomme ein MacBook und ich verdiene mehr Geld. So, und für die Führungskraft ist das natürlich die beste Entschuldigung, ins Unternehmen reinzugehen und zu seiner eigenen Führungskraft und zu sagen, dass schon wieder jemand wegen Geld gekündigt. Und dann kommt diese Führungskraft zur Personalabteilung und sagt Die Gehälter passen nicht, Da hat schon wieder jemand wegen Geld gekündigt. So, und die Frage, die ich dann in solchen Situationen stelle ist, wann in deiner Erfahrung in deinem Leben kam jemals ein Arbeitsvertrag, ohne dass vorher Gespräche geführt wurden, einfach so in deinen Briefkasten? Nie. Also wann ist der Zeitpunkt, wo jemand bei einem Anruf eines Headhunters sagt Klar habe ich Zeit. Wann ist jemand zu Hause? Abends eine Stunde beschäftigt, seinen Lebenslauf zu aktualisieren? Dieser Zeitpunkt ist der Beginn der inneren Kündigung. Und dieser Termin ist maßgeblich getrieben durch schlechte Führungsleistung, also Führungskräfte, die ihre Führungsleistungen in der Form nicht nachkommen und jemanden so sehr verprellen und verärgern, dass er sagt Jetzt suche ich mir was anderes.
00:04:04: York Lemb: Das ist total spannend, dass wir das von der Seite aufziehen. Das Pferd. Ich glaube, ich habe vor zwei Jahren eine Gallup Studie gelesen. Was ist eigentlich der Hauptgrund für Kündigungen? Und am Ende ist es der Vorgesetzte, der direkte Vorgesetzte. Und ganz oft da das Benehmen und der Umgang untereinander. Also weder über Fach noch über Geld, noch über Urlaub Alltagssituationen. Und das fand ich total spannend. Und das deckt ja genau das, was du sagst. Es gibt einen vorgeschobenen Grund, wo man sagt Ja, ich muss ja jetzt was sagen und ich zum Schluss sage ich nicht, ich gehe wegen dir, weil ich dich nicht mag oder weil wir nicht zusammen passen, sondern das Geld und das Auto ist ja immer. Das sind ja die leichtesten Dinge dann.
00:04:45: Marcus Reif: Genau. Und ich kann halt mich auch exkulpieren vor der Situation, dass jemand meinetwegen gegangen ist oder meinetwegen die Kündigung ausspricht. So, und deswegen ist es immer ein gern genommener Grund. Am Ende ist er vielleicht sogar richtig, wenn man die Beobachtung auf dieser Ebene lässt. Aber wenn man intellektuell versucht, das tiefer zu verstehen, also das Problem zu entmanteln, dann merkt man eigentlich, dass das überhaupt nicht der Grund sein kann. Weil niemand bekommt einen Arbeitsvertrag zugeschickt, in dem dann 10 % mehr Gehalt drinstehen.
00:05:12: York Lemb: Was hast du einen Tipp für wie? So wie man ein Frühwarnsystem aufbauen kann. Also besser zuhören, aufmerksamer sein. Also, wo sagst du, dass man das vermeiden könnte?
00:05:24: Marcus Reif: Also in den. In den üblichen Unternehmen, in denen ich unterwegs war, waren die Kündigungsfristen immer sechs Wochen zum Quartalsende. Es mag Unterschiede geben, dass man zum Monatsende geht usw, aber zumindest wusste man, dass in den geraden Monaten zur Monatsmitte ein Eingang der Kündigung ansteht und die meistens geballt, weil die Leute kündigen. Nicht dann, wenn sie unterschreiben, sondern in der Regel kurz vor der Kündigungsfrist und dann hatte man diese diese Rotation raus aus dem Unternehmen zum Ende des Quartals. Und die Vorgesetzten, die dann sagen ja, es ist Beginn des neuen Quartals und hier ist eine Stelle unbesetzt. Meine ganze Planung kann nicht mehr funktionieren. Das ist ja auch eine Ausrede wegen mangelnder Vorbereitung. So, und diese Dinge kann ich versuchen, natürlich ein bisschen stärker zu begleiten. Also zum einen kann ich, ich kann Fluktuationen vorhersehen. Also ich schaue mir an, wie sind die Krankenstände in verschiedenen Teams, wie ist eine kurzfristige Absage auf Trainings in den verschiedenen Teams? Welche Mitarbeiterzufriedenheit habe ich in der jährlichen Mitarbeiterbefragung und wie hoch sind die Fluktuationsraten im Vergleich zu anderen Teams? Und zwar nicht in dem Sektor Finance als Beispiel, sondern in allen. Ob das jetzt Marktseite oder Markt folgeseite ist. Frontoffice Backoffice Ich kann über all diese verschiedenen Raten vergleichen. Natürlich ist jemand, der im Sales draußen arbeitet, mit einer anderen Fluktuationsrate zu messen als jemand, der einen arbeitet im Bereich Finance, Marketing, HR HR oder sonstwo. Völlig logisch. Aber trotzdem kann ich Dinge vergleichen und ich kann. Die Spitzen kann ich sehen. Und diese Spitze ist die Fluktuation in den nächsten Quartalen. Und wenn ich dort frühzeitig reingehe, auch als Top Führungskraft und sage, ich merke, dass in diesem Team Dinge nicht ordentlich sind, lasst mich teilhaben an euren Sorgen, lasst uns mal drüber reden und schon kann ich die Fluktuation etwas nach unten bringen, indem ich einfach sage okay, wir wir merken, dass hier was nicht stimmt und dieser diese Triangel, die du angesprochen hast. Jörg aus Mitarbeiter kommen wegen Employer Branding. Sie bleiben wegen der Jobinhalte und der Kollegen, aber sie verlassen ihre Führungskräfte. Das ist eigentlich die Erkenntnis, die jeder Personaler nach wenigen Monaten verinnerlicht hat. Und genau dort muss ich anfangen.
00:07:30: York Lemb: Das ist natürlich manchmal ein harter Blick auf die Realität, die man da braucht.
00:07:34: Marcus Reif: Ja, aber wir müssen ja auch.
00:07:36: York Lemb: Aus diesem Nichts.
00:07:36: Marcus Reif: Aus diesem Hochglanz Bullshit rauskommen, den wir fabrizieren. Gerade in der Personalabteilung ist es wichtig, dass ich die Dinge ernst nehme und versuche, so tief auf das Problem zu gehen, damit ich es verstehe. So, und wenn es mir aber ausreicht, aus der Distanz drauf zu gucken. Da ist halt ein Verkehrsunfall. Dann machen wir halt Verkehrsunfallmeldung. Nee, ich muss verstehen, was ist eigentlich der Grund dafür? Und eine Fluktuation ist am Ende wahrscheinlich auch so was wie ein Verkehrsunfall.
00:08:00: York Lemb: Jetzt sagen wir wir, wir. Also in der Zukunft wollen wir natürlich viel aufmerksamer werden und weniger Kündigungen haben. Aber wir müssen jetzt trotzdem Stellen besetzen. Was ist dann der nächste Schritt nach der Analyse der Kündigung?
00:08:11: Marcus Reif: Also wir können ja einfach den Prozess fortschreiben. Also jemand hat gekündigt und die Führungskraft geht zu der eigenen Führungskraft und dann zur Personalabteilung sagt hat jemand gekündigt? Sieh zu, dass da noch eine Übergabe stattfinden kann, wenn die Nachbesetzung rekrutiert wurde. So jemand, der sechs Wochen Kündigungsfrist zum Quartalsende hat, hat ja mehrere Wochen vorher Gespräche geführt. Also irgendein anderer Arbeitgeber hat einen Headhunter eingeschaltet, eine Stellenanzeige geschaltet, hat jemanden durch Active Sourcing selbst angesprochen und dann begann ein Prozess aus Lebenslauf aktualisieren, Motivationsschreiben hinschicken, Eignungsdiagnostik, Telefoninterview, physisches Interview, vielleicht noch ein physisches Interview. Irgendwann gab es ein Vertragsangebot. Man hat dann hoch und runter verhandelt und am Ende hat man gesagt okay, Deal, das machen wir und das dauert halt eine gewisse Zeit. Also schnelle Unternehmen brauchen dafür irgendwas zwischen 24 und 28 Tage. Das ist die Time to hire und Time to Join ist deutlich länger. Also jemand, der acht Jahre Berufserfahrung hat, braucht ungefähr 220 Tage für den Arbeitgeberwechsel, weil ich eben die sechs Wochen Kündigungsfrist zum Quartalsende habe und davor eben Wochen vergehen, bis ich einen Arbeitsvertrag ausgehandelt habe. Und diese Zeit kann ich natürlich nicht beschleunigen, wenn die Fluktuation bei mir entsteht. Aber Führungskräfte verlangen genau das von den Recruitern. Und dann kommt diese pauschale Abwertung, der Recruiter ist. Die sind komplett schlecht. Unser Recruiting funktioniert nicht. Die sind zu langsam. Die haben keine Ahnung vom Geschäft. Die verstehen mich nicht. Und die schleppen Profile an, die nicht passen. So, oh Wunder. Demografischer Wandel, Änderungen in den Generationen mit Technologieorientierung und Offenheit und Wertewandel der Generationen. Also natürlich ist nicht jetzt jeder ubiquitär auf dem Markt verfügbar.
00:10:00: Marcus Reif: Und genau in diese, in diese Schematik müssen wir reingehen. Also, was passiert? Personalabteilung sagt Okay, ich habe verstanden. Da hat jemand gekündigt. Dann schicke ich dir mal die alte Stellenbeschreibung und du guckst mal drüber, ob das noch stimmt. So, und die Führungskraft hat natürlich niemals die Aufmerksamkeit, um diese Stellenbeschreibung realistisch zu formulieren, sondern das ist zusammengeschriebene Überbegriffe. Also es ist nicht konkret geschrieben. Welche Kompetenz soll die Person mitbringen, welche Softskills, welche Hard Skills? Das ist einfach nur eine Beschreibung der Tätigkeit, die zu erledigen ist. Und das ist der erste Fehler, die erste Unzulänglichkeit, die wir beobachten können. Auf Basis dieser unzulänglichen englischen internen Stellenbeschreibung wird eine Stellenanzeige geschrieben, die natürlich auf der Basis intellektuell genauso unzulänglich ist wie die Stellenbeschreibung. Und mit dem Ding gehen wir dann auf die Online Stellenmärkte. Und vielleicht nutzen wir auch externe Personalagenturen oder Personalberatungen dafür. Und die suchen dann genau die Leute, die sie dort in dieser Beschreibung finden. So, und ich wage mal die Prognose, wenn ich eine Stellenanzeige schalte und möchte von den 100 besten SAPberatern als Beispiel Bewerbungen generieren, werden sich null davon bewerben. Warum? Weil die nicht aktiv auf der Suche sind. Sie sind vielleicht latent suchend. Also muss ich die Fähigkeit haben, Active Sourcing zu betreiben, aktiv auf Menschen zuzugehen und sie zu begeistern, mit mir in einen Dialog einzutreten, warum sie den Arbeitgeber wechseln sollten. Und dafür sind wir überhaupt nicht ausgestattet. Also es gibt ganz wenige Recruiter, die wirklich spezialisiert sind, kommunikativ offen sind und Menschen catchen können. Nächste Unzulänglichkeit.
00:11:40: York Lemb: Also was ich spannend finde ist es, wenn man ja sagt, dass man geht wegen dem Vorgesetzten und dann eine technische Stellenbeschreibung hat, wo drinsteht Du musst schreiben, lesen können und rechnen können dann. Da fehlt einfach der der Faktor, wie passt man zusammen? Also wen ist eigentlich diejenigen, den wir noch in dem Team suchen? Brauchen wir noch jemanden, der ganz genau hinguckt? Der also der der Controller im Team wird? Brauchen wir jemand, der kreativ ist und nachdenkt und mal was anderes ausprobieren will? Und das also kenne ich in Stellenbeschreibung auch eher selten, sondern da stehen halt tatsächlich einfach nur die Tätigkeiten drin, dass man weiß, was man machen soll. Aber auf der anderen Seite die Tätigkeiten eines Buchhalters aufzuschreiben, das müsste man ja einmal tun und dann für alle Unternehmen nie wieder, weil die immer dieselben sind.
00:12:26: Marcus Reif: Ja, mir geht es tatsächlich nicht um die Tätigkeit. Mir geht es darum, wenn ich, ähm, wir können es einfach mal auf den Punkt bringen. Der Punkt ist, wir haben Auswahlmechanismen für Prescreening von Bewerbern, die sehr intelligenzlastig sind, also sind, wenn wir Eignungsdiagnostik nutzen. Das ist meistens EQ basiert. Aber wenn wir uns von Menschen trennen oder wenn wir die Leistung von unseren Mitarbeitern bewerten, dann ist es immer EQ orientiert. Also wir bewerten emotionale Intelligenz. Und diese, diese Biografie und Notenorientierung in der Personalauswahl und zwar von Prescreening bis hin zur Einladung zum Interview und zur Bewertung der Interviews ist sehr hard skills orientiert. Aber Performance im Unternehmen und das Potenzial, Mitarbeiter zu befördern und weiterzuentwickeln, ist immer soft skill orientiert. Und ich habe es bis heute nicht verstanden, warum Unternehmen nach Kriterien Personal auswählen. Aber wenn die Mitarbeiter da sind, den ganzen Retention, Bereich und Entwicklungsbereich mit ganz anderen Kriterien machen. Also warum fangen wir nicht schon an, bei der Stellenbeschreibung zu beschreiben, Welche Soft Skills sind nötig, um hier erfolgreich zu sein?
00:13:36: York Lemb: Absolut.
00:13:37: Marcus Reif: Und das ist die Unzulänglichkeit, die über allem steht. Also, wir haben einfach einen dysfunktionalen PersonalauswahlProzess.
00:13:44: York Lemb: Okay, jetzt haben wir die Stellenbeschreibung neu überarbeitet, haben auch die Softskills mit reingemacht haben.
00:13:51: Marcus Reif: Und ein Kompetenzmodell.
00:13:52: York Lemb: Und und haben halt gesagt okay, was suchen wir eigentlich auf der menschlichen Ebene und der fachlichen Ebene? Also beide beide Felder. Dann sagtest du eben schon das Stichwort. Dann entsteht natürlich auch logischerweise eine Stellenanzeige. Ich habe ja mit mit mit Alexander Pietsch so das ein oder andere zum Thema Stellenanzeige schon gemacht. Und wir haben so oft schon über den Horror der Stellenanzeige gesprochen und über den Friedhof der der Textbausteine, die immer hin und her kopiert worden sind. Sag mal was dazu. Also ich kenne nur wenige gute Beispiele. Sagen wir es mal so.
00:14:28: Marcus Reif: Stellenanzeigen sind ein Relikt aus den 70er Jahren und wir haben es nicht verändert, sondern wir haben es einfach ins Internet übertragen. Also dieser ganze Mechanismus von Ich schreib auf, was ich suche und wir haben festgestellt, dass das, was wir suchen, eigentlich nicht das ist, was wir wirklich suchen. Und dann habe ich eine Stellenanzeige, die die inhaltlich eigentlich eher das ungewollte Geschäft versucht zu verhindern. Also die Bewerber, die kommen, die sagen ja, ich bringe zwar 50 % der angeforderten Fähigkeiten nicht mit, aber das kann ich ja lernen. So Recruiter werden immer ein Plädoyer dafür singen I'm here for character train for skills. Und Unternehmen verstehen das aber nicht, weil wir ersetzen auch das so eine Ersatzhandlung. Wir ersetzen eignungsdiagnostisch durch Bauchgefühl. Und dann setzt sich ein Manager rein. Ich habe Hunderte von Menschen erlebt, die gesagt haben Mir brauchst du nichts zu erzählen. Potenzial erkenne ich in zwei Minuten, wo ich als Recruiter dann schon denke Nein. Das Einzige, was wir in zwei Minuten erkennst, ist Sympathie und Antipathie, aber nichts anderes. Aber wenn du tatsächlich einen Menschen beurteilen möchtest, welche Leistung er im beruflichen Kontext bei dir auf dieser Rolle erfüllt, dann ist Bauchgefühl halt überhaupt kein Ratgeber. Also völlig falsch. Dann kannst du einfach würfeln. Also wenn ich einen Würfel werfe, der hat sechs Seiten, sind 16,67 % Wahrscheinlichkeit, dass ich richtig liege. Und wenn ich ein unstrukturiertes Bewerberinterview habe, wo Bauchgefühl vorherrschend ist, habe ich 14,3 Validität. Das heißt Würfeln ist akkurater als das, was wir in den Unternehmen heute erleben.
00:16:07: York Lemb: Es ist also total, total spannend. Gibt es Tipps, wo du sagst wie? Was sind denn einfache Dinge, die man bei einer Stellenanzeige umbauen kann? Weil ich glaube, dass eine ganze Menge Recruiter jetzt nicht alles umschreiben werden. Aber es gibt, kann man sagen okay, eine catchy Headline ist das, was schon hilft, das Gehalt mit reinschreiben, was in anderen europäischen Ländern schon STANDARD ist, was hier immer noch die totale Seltenheit ist, zumindest eine Range. Aber wie stehst du dazu? Bei der Stellenanzeige.
00:16:38: Marcus Reif: Alle populären Stellenmärkte haben momentan eine Range des Gehalts und die trifft in der Regel nie zu. Also das ist so meine Erfahrung. Man kann. Man kann die Stellenanzeige als Ganzes versuchen, deutlich besser zu machen. Also wenn ich auf den Veranstaltungen vom WP bin, dann habe ich immer mein Bonmot, dass die jungen Kolleginnen und Kollegen, die auf unsere Veranstaltungen kommen, dann immer ganz stolz sind, wenn sie dem Vorstand über ihre Eyetracking Studie, wie Stellenanzeigen gelesen werden berichten können. Und ich denke am Ende, es gibt nichts Höheres, was irrelevant ist als das. Sondern ich muss versuchen, die Stellenanzeige für den Kandidaten zu formulieren. Also der der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Das bedeutet, wenn du dir Stellenanzeigen von den großen deutschen Banken anschaust in Frankfurt und da gibt es etliche, dann steht da in der Regel immer hohe analytische Kompetenz. So, wo in dieser Rolle, die zu besetzen ist, ist diese hohe analytische Kompetenz in Differenzierungsfaktor. Der Differenzierungsfaktor ist Integrität, weil ich eben durch Anti money Laundering, durch Compliance und Risk Management Vorgaben gezwungen bin, nach Integrität auszuwählen. Und Integrität ist eine der Skills, die wir überhaupt nicht abprüfen, sondern wir schauen immer auf Analysekompetenz. Das mag nicht falsch sein, aber es ist nicht vollständig. So und wenn ich anfange, eine Stellenanzeige zu schreiben Sie zeichnen sich aus durch eine hohe Integrität, die Ihnen auch wichtiger ist als das Vermeiden eines Konflikts, dann sind Sie bei uns an der richtigen Stelle. So, Hast du so eine Stellenanzeige mal gelesen?
00:18:14: York Lemb: Nee, nee.
00:18:15: Marcus Reif: Aber wenn wir anfangen, genau das zu schreiben, was wir eigentlich suchen, dann fallen wir schon dadurch auf, dass das kein anderer macht. Und wenn ich wirklich beschreibe, wen suche ich denn eigentlich? Aber wenn ich bei diese unzulänglichen Stellenbeschreibungen bleibe und schreibe halt hin, was ein Buchhalter machen muss, dann braucht Excel Kenntnisse und Buchhaltungssoftware und muss irgendwie mit SAP klarkommen oder mit welchem System auch immer. Aber am Ende der Reise? Das ist keine vernünftige Stellenanzeige.
00:18:42: York Lemb: Ich finde es auch immer spannend, dass wenn du, also wenn es spezifische Fachkräftejobs sind und du dann noch aufzählst, was die alles machen sollen, dann und dann denke ich mir Verdammt, also wenn ich dem den Bewerbenden erklären muss, was seine normale Tätigkeiten in der Stelle sind, dann ist das ja schon falsch. Also ich muss ja eigentlich die anderen Dinge erklären. Also was passt zu mir als Unternehmen, Was ist das, was ich erwarte? Ich habe eine Stellenanzeige mal von einem medizintechnischen Unternehmen gelesen. Der hat oben in die Headline reingeschrieben Wir suchen Mitarbeiter, die. Humor abkönnen und ihre angefangenen Arbeiten zu Ende machen. Zu Ende bringen. So. So war die Formulierung, habe ich gedacht, Das ist ja interessant. Den habe ich zufällig in Aachen auf einer Veranstaltung kennengelernt. Er hat gesagt, alle seine Bewerber haben auf den Satz angesprochen, weil sie gesagt haben Endlich sucht jemand einen, der die Dinge zu Ende bringt. Und ich muss nicht immer von meinen wuseligen Kollegen die Sachen fertig machen. Ich will bei dir arbeiten. Da habe ich gesagt Wie kann ein Satz auf einmal so eine Stellenanzeige? Viele sagen den Rest. Ja, ja, stand hier obendrüber. Du suchst ein Medical Writer? Weiß ich schon, was ich da machen soll? Aber das hat mich eigentlich gecatcht. Ja, Und witzig.
00:19:55: Marcus Reif: Na ja, man, man fällt halt durch die Dinge auf, die eigentlich so völlig normal und im Alltag ganz normal sind. Also so würden du und ich abends beim Getränk genauso über unseren Job reden. Wenn du hier erfolgreich sein willst, dann musst du Zynismus abkönnen. Und ein guter Witz hilft bei der Arbeit, die zu ertragen. Und am Ende brauchen wir Leute, die ihren Job erledigen. Das ist ja jetzt auch kein Geheimnis, das weiß jeder und jeder redet darüber. Aber wir, wir vermeiden, Weil wir immer noch Hochglanz verkaufen. Eine Stellenanzeige ist hochglanz, unangreifbar, keimfrei. Und ich glaube nicht, dass diese keimfreie Attitüde im Recruiting und Employer Branding uns irgendwie weiterbringt, sondern es hilft, einfach nur Risiko zu vermeiden. Was auch der Grund ist, warum man in der Regel keine Gründe mehr für eine Absage bekommt. Weil alle Angst haben vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Aber was ist das denn für eine Chance? Wenn ich im Unternehmen eine Kultur etabliere, zum Beispiel über Fehler zu reden und daraus zu lernen, aber auch echtes Feedback zu geben? Und das trifft Bewerber doch ganz genauso. Bewerber möchte wissen Warum bin ich denn abgelehnt? Liegt es an meinem Alter oder liegt es an den Fähigkeiten? Oder weil mein Lebenslauf zu Jumpy ist oder weil ich als Quereinsteiger bei euch nicht zähle? Also was sind denn die Gründe nur reinzuschreiben? Ein anderer Kandidat war besser qualifiziert. Bringt dich nicht weiter und schärft auch nicht deine Arbeitgeberattraktivität.
00:21:23: York Lemb: Ein ganz witziger Seitenarm, der mir gerade so einfällt. Weil wir. Weil wir. Weil wir darüber reden. Ich habe unheimlich das Gefühl, dass die in den letzten 15, zehn Jahren, zehn, 15 Jahren der Mut zur unorthodoxen Personalentscheidung unheimlich geschwunden ist. Also ich weiß noch, dass Leute auf einmal Marketingleiter geworden sind, die gesagt haben, Ich habe lange in dem Bereich gearbeitet, ich habe Lust. Ich hatte zwar noch nie diese Position, aber da waren für mich Arbeitgeber mutiger, das mal auszuprobieren und zu sagen Ja, du passt zu uns. Lass uns das mal machen. Heute habe ich eigentlich das Gefühl, dass die das das nur noch ist. Ja, ich hätte gern den Stelleninhaber vom Wettbewerber, so dass ich so wenig wie möglich falsch mache in der Entscheidung. Ist das. Ist das so?
00:22:10: Marcus Reif: Oder ist das so? Also ich habe das Gefühl, dass Quereinsteiger ist ja ein Thema, was seit vielen, vielen Jahren in der Branche diskutiert wird. Also wir sehen, dass Quereinsteiger eine Lösung für den Fachkräftemangel sein können, weil jemand, der super erfolgreich eine sehr analyse kompetenzorientierte Aufgabe erfüllt, den kann ich in eine Aufgabe stecken, die außerhalb von seinem eigentlichen Bereich ist, weil dort Analysekompetenz vorherrschend ist. Weil ich aber nicht durch diese Perspektive drauf schaue, verpasse ich diese Chance und Quereinsteiger haben einfach keine Lobby. So und seit vielen Jahren versuchen wir die diesen Schlüssel im Unternehmen zu realisieren. Ich glaube aber, dass Herr mit diesen unorthodoxen Dingen einfach keine Lobby hat. Wir sitzen ja auch in der Regel nicht am Tisch, wenn über Personal geredet wird, sondern irgendjemand, an den wir berichten. Also der Herr Direktor berichtet an den CFO oder den CEO, im besten Fall sogar. Und dann kommt halt der CFO um die Ecke und sagt Ja, eigentlich muss ich hier noch meinen Abschluss hinkriegen vom Quartal, aber hier müssen wir noch irgendwas mit Kompetenzen machen. Machen wir so! Wir haben gar nicht die Möglichkeit, das auszuspielen, was wir an Ideen, an Gedanken, an Sorgen und Bedenken tragen und welche Lösungsoptionen wir entwickeln. Weil HR hat eine verdammt große Aufgabe. Also wir sind nicht nur diejenigen da, die Fluktuation ausgleichen, sondern wir sind diejenigen, die auch Vorbildfunktion haben und die versuchen, eine Unternehmens, Arbeits und Führungskultur zu prägen, die hilft, Menschen anzuziehen, die hilft, Menschen im Unternehmen zu halten, weil sie daran glauben, dass die Dinge hier richtig laufen. Und wir haben auch die Möglichkeit, Kandidaten wieder zurückzuholen, die das Unternehmen verlassen haben, weil sie sagen das war gut dort, hat mir gut gefallen, kann ich mir wieder vorstellen. Aber ich muss jetzt den Schritt raus machen, warum auch immer.
00:24:00: York Lemb: Das kann ja tatsächlich auf einmal Geld sein. Liebe sein, warum auch immer sich auch mal verändert. Das muss ja nicht immer mit dem Unternehmen zu tun gehabt haben.
00:24:08: Marcus Reif: Ja, ich glaube, dass das Fluktuation, also der Einzelne, der entscheidet zu kündigen ist erstmal extrinsisch motiviert. Und jemand, der sich entscheidet, wieder zurückzukommen, ist intrinsisch motiviert. Weil Geld ist ein Hygienefaktor, wichtiger Hygienefaktor. Aber es ist nicht mehr das Kriterium für einen Arbeitgeberwechsel. Leute, die irgendwo 250.000 € verdient haben, sagen Das ist ein totaler Kackjob. Alle Leute hassen sich hier. Alle spielen hier mit den Ellenbogen. Das macht einfach keinen Spaß. Ich gehe zurück. Mit den 160.000 € komme ich klar. Und da habe ich auf jeden Fall viel mehr Spaß. Die Summen sind jetzt willkürlich gegriffen, trifft aber Jobs zu für 50 und 60 und 65.000 €. Die Leute haben Lust darauf, in einem Netzwerk eingebunden zu sein und einen Wertbeitrag geleistet zu haben. Wenn diese beiden Dinge gegeben sind, reduzieren wir die Fluktuation.
00:24:57: York Lemb: Super, jetzt haben wir eine tolle Stellenanzeige. Jetzt trudeln natürlich massenhaft Bewerbungen ein. Was ist dann der nächste Stolperstein im Unternehmen?
00:25:08: Marcus Reif: Ja, wir. Wir haben ja eine negativ assoziierte Personalauswahl, weil wir Bewerbungen bekommen in einer Quantität, die nicht der Qualität entspricht. So, und deswegen sind die meisten Unternehmen darauf eingestellt, in der Vorselektion den Preselectionprozess sehr harte Kriterien anzuwenden. Und auf einmal schauen wir wieder auf Noten, obwohl wir wissen, dass Noten keinerlei Prädiktion für berufliche Leistung innewohnen haben. Aber trotzdem schauen wir auf Biografie auf Dauer der Beschäftigungsverhältnisse, auf die Noten. Also je jünger jemand ist oder je näher er an seinen akademischen oder Ausbildungsnoten ist, desto mehr schauen wir darauf. Warum? Wir haben gar keine Auswirkung, aber trotzdem schauen wir wieder auf diese harten Kriterien. Und dadurch fallen wieder viele gute Menschen aus dem Raster raus, bekommen gar nicht die Chance, sich vorzustellen. Warum? Weil wir mit der Quantität nicht klarkommen. Und die Quantität resultiert aus der Unzulänglichkeit der Stellenanzeige, die aus der Unzulänglichkeit der Stellenbeschreibung und wieder weiter zurück. Also das ist ein ganz langer Rattenschwanz an Unzulänglichkeiten, wenn wir die alle besser machen. Habe ich auch das Problem nicht mehr, dass ich mit sehr harten Kriterien aus den 100 Bewerbungen mir halt zehn raussuche, die ich im Fachbereich weiterleite, weil diejenigen, die die Vorselektion machen. Ich weiß nicht, ob das die best ausgebildetsten Leute sind. Mit der eignungsdiagnostischen Kompetenz zu erkennen, welcher Kandidat richtig und welche falsch ist.
00:26:37: York Lemb: Plus dass du ja dann oft noch ein Adssystem vorgeschaltet hast, wo dann ein Alter, wo irgendwas eingeloggt ist, wo auf einmal gute Leute die eigentlich Bombe passen würden, aber wegen einem Kriterium dann auf einmal rausfallen und dann. Es ist also für mich ist das, was du bis jetzt beschrieben hast, immer so Wir reden eigentlich über einen hochemotionalen Prozess. Man muss zusammenarbeiten, man muss zusammen auch Dinge bewirken können, aber auch arbeiten können. Und wir machen es aber immer nur an den harten Dingen fest. Und das ist genau die Diskrepanz, die sich die ganze Zeit jetzt durch durchzieht, sozusagen.
00:27:14: Marcus Reif: Ja, ein Beispiel haben wir gerade die letzten Tage diskutiert. Wenn du Fahrer rekrutierst, dann ist eine der Fragen, die zuerst abgeprüft werden. Hast du einen Führerschein der richtigen Klasse? So, wenn ich Talent Acquisition ernst nehme, dann muss ich doch eigentlich ganz andere Elemente abrufen. Nämlich wie viel Punkte hat die Person in Flensburg? Welche Schadenfreiheitsklasse bei der Versicherung hat diese Person? Wie ist die Zufriedenheit der Kunden, die gefahren werden oder beliefert werden? So, ich habe viel bessere Kriterien um Qualität abzuprüfen, aber wir gucken halt immer noch auf auf so einer Metaebene, auf einer wahnsinnig hohen Flughöhe. Auf Kriterien, die eigentlich gar nichts mit beruflicher, mit beruflich prognosefähiger Leistung zu tun haben.
00:28:02: York Lemb: Absolut. Dann haben wir ja noch den eigentlich den Auswahlprozess. Dann geht es ja irgendwann. Wenn wir jetzt die das Screening gemacht haben, aus den hunderten Bewerbungen die zehn rausgesucht haben, dann muss ja mal Butter bei die Fische, dann muss es ja jetzt losgehen.
00:28:19: Marcus Reif: Ja, also die Recruiter. Es gibt ja ganz wenige Unternehmen, die wirklich im tayloristischen Ansatz Recruiter haben, die eine sehr hohe Fachlichkeit mitbringen. Sehr oft sind es HR Generalisten, die eben eine breite Spielwiese an Aufgaben in den Unternehmen haben. Also die Mehrheit der Deutschen arbeitet nicht in Konzernen, wo ich solche Bedingungen vorfinde, sondern im Mittelstand. Und dort habe ich HR Generalisten, die eben in vielen HR Funktionen unterwegs sind. Und die sitzen dann im Interview dabei und die wissen, wie Eignungsdiagnostik funktioniert. In der Regel. Also wissen zum Beispiel, dass ein unstrukturiertes Interview keinerlei Prognosefähigkeit für berufliche Leistung hat. Aber auf der anderen Seite sitzt der Hiring Manager aus dem Fachbereich, der sagt Potenzial erkenne ich in zwei Minuten und ich weiß, wer gut ist, weil ich eine Beobachtungsgabe habe. So, und dann sind wir bei unconscious bias. Also ich habe so viele Dinge gehört von Menschen, die sagen, mein Personalleiter muss Jurist sein, weil Juristen so kreativ sind. Keine Ahnung, wie man zu der Aussage kommt. Oder nächstes Zitat Diejenigen, die bei mir im Vertrieb arbeiten, müssen vorher in der Hotellerie oder Gastro gearbeitet haben, weil die Serviceorientierung herausstechende ist. Kann sein, dass man persönlich diese empirische, dieses empirische Erlebnis hatte, aber das ist halt ein Einzelereignis. Aber es wird halt projiziert. Auf welche Struktur der Personalauswahl wollen wir denn betreiben? Und von diesen Beispielen gibt es unzählige mehr. Also der der beste Recruiter muss ein Psychologe sein.
00:29:49: Marcus Reif: Warum? Ja, der weiß, wie man Menschen beurteilt. Weiß ich nicht. Ob wir mit mit solchen Stereotypen wirklich gut unterwegs sind, weil am Ende das nicht trägt, sondern ich muss anfangen, logisch für das Unternehmen Entscheidungen zu treffen. Und das geht zum Beispiel bei der Personalauswahl, in dem ich eine Teilstrukturanalyse einbaue. Und diese Teilstruktur kann sein, dass ich versuche, Kriterien zu beobachten in dem Gespräch. Das kann anhand von einem Kompetenzmodell sein. Also welche Handlungsorientierung, soziale Adaptionsfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Lösungsorientierung, Problemorientierung. Ich kann viele Dinge beobachten und am besten vergleichbar machen, wenn ich einen vergleichbaren Case einbaue. Also ich kann so eine Art Minicase einbauen und kann sagen Stellen Sie sich vor, Sie sind jetzt Mitarbeiter in der Buchhaltung und jemand ruft bei Ihnen an will das und das von Ihnen. Wie gehen Sie damit vor? Also wirklich Gleiches Szenario, um dann die Vergleichbarkeit der verschiedenen Kriterien zwischen den Kandidaten zu bewerten. Und bewerten sollten immer beide, also der Recruiter und der Hiring Manager aus dem Fachbereich und am Ende sich auch beraten. Weil der Recruiter wird immer auf Elemente schauen, die jemand im Fachbereich nicht sieht, weil das Geschäft eines Personalers ist der Mensch und das Geschäft eines Managers im Fachbereich ist das Business. So, das mag sich nicht beißen, aber am Ende ergänzen sich diese beiden Perspektiven zu einem besseren Bild.
00:31:18: York Lemb: Okay, wenn wir das mal zusammenfassen dürfen, zieht sich das eigentlich immer durch wie ein roter Faden. Ich sage mal, gehe respektvoll mit deiner, mit, mit deinem Ring um und deinen Mitarbeitern um. Mache dir Gedanken und zwar ernsthafte Gedanken über den, wen du einstellen musst, der nicht nur fachlich zu dir passt, sondern menschlich. Genau. Und dann habe den Prozess im Griff und mache ihn vor allem dahingehend transparent, dass man nicht genau das, was du gerade gesagt hast. Da kommt jemand rein, der ist mir nach ein paar Sekunden sympathisch und dann läuft das Gespräch ganz anders als jemand, der mir unsympathisch ist. Heißt aber nicht, dass das der eine oder die andere die Position besser oder schlechter besetzen könnte.
00:32:05: Marcus Reif: So ist es. Und wir haben in den letzten 20 Jahren so viel Zeit investiert, um den Hiring Managern dieses Phänomen unconscious bias, also der kognitiven Verzerrung von beobachtbaren Elementen auszutreiben. Alleine das, dass ich weiß, dass ich nie neutral auf Elemente schaue, sondern immer durch meine eigenen Erfahrungen vorbelastet bin und ich natürlich meine eigenen Routinen habe und die eigenen Vorstellungen, was richtig und was falsch ist. Und das mag auch richtig sein in meinem Kontext, meiner beruflichen Tätigkeit. Aber es ist falsch, wenn ich zu dem Punkt komme, über Eignung von Bewerbern zu entscheiden oder über die Leistung meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn ich es unstrukturiert mache, dann werde ich immer den Sympathiefaktor dabei haben. Ich werde einen Halo Effekt, einen Spill Over Effekt mit dabei haben. Ich werde einen Carry Over Effekt mit dabei haben. Also ich werde immer von meinen Biases eingeholt und wenn ich das nicht weiß, dann kann ich es nicht ändern.
00:33:00: York Lemb: Das ist doch ein schönes Schlusswort. Vielen Dank, dass du da warst.
00:33:04: Marcus Reif: Sehr gerne.
00:33:05: York Lemb: Ich sag einfach mal alles weitere in den Shownotes. Dein LinkedIn Profil werden wir da reinmachen. Ich weiß nicht. Hast du bei HRM ein Profil? Schon.
00:33:13: Marcus Reif: Ich glaube nicht. Aber ich habe einen eigenen Blog. Wer Lust hat, kann gerne draufschauen. Reif.org und der Web.org ist eine Anlaufstelle für viele interessante Fakten rund um Employer Branding, Recruiting und Personalmarketing.
00:33:25: York Lemb: Ach, hervorragend. Dann möchte ich mal den lieben Alexander noch mal zitieren. Schön, dass ihr da wart. Glück auf und alle Informationen im auf hrm.de. Und denkt immer daran der Mensch ist der wichtigste Faktor in deinem Unternehmen.
00:33:42: Marcus Reif: Unterschreibe ich. Danke, Jörg.
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