#16 Regel brechen im Recruiting mit Martin Gaedt
Shownotes
Sagt Ihnen der Begriff Provotainer etwas? Vermutlich nicht, und das dürfte Martin Gaedt ganz recht sein. Denn Provotainer ist seine ganze eigenen Selbstbezeichnung – unterhaltsamer Provokateur. Aber Martin Gaedt ist auch Unternehmer, Buchautor und Ideenrocker, und überdies heute unser Gast in der HRM Hacks-Folge „Kreativ Regeln brechen im Recruiting“. Er wird uns in diesem Podcast erzählen, wie auch weniger finanzstarke Unternehmen mit etwas Kreativität und Mut zu ihren gewünschten Mitarbeitern kommen können.
In regelmäßigen Abständen veröffentlichen wir an dieser Stelle interessante Podcasts, in denen uns Experten aus dem vielfältigen Bereich Human Resources einen Einblick in ihren Wissensschatz gewähren.
Viele weitere Hacks als Checkliste oder das gesamte Interview als Podcast oder Text findet Ihr unter: https://www.hrm.de/podcast/regel-brechen-im-recruiting-mit-matin-gaedt-episode-16.
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Wer Martin Gaedt einmal live erlebt hat, auf der Bühne in sein rotes Sportjäckchen gehüllt, der möchte noch am gleichen Abend seine bisherige Recruitingpolitik über Bord werfen. Seine Sätze sind prägnant und lassen nicht mehr los. „Regel brechen ist für alle, die etwas anderes wollen“, ist so einer. „Wenn ich mache, was alle machen, dann kriege ich die Mitarbeiter, die alle kriegen“, sagt Martin Gaedt. Natürlich wolle jeder Arbeitgeber von sich behaupten, bei ihm arbeiteten nur ganz besondere Menschen. Doch die Wahrheit sei in den allermeisten Fälle eine gänzlich andere. „Die wollen andere Ergebnisse im Recruiting, die sind unzufrieden.“
Zunächst gehe es bei der Personalsuche um Aufmerksamkeit, sagt Martin Gaedt. „Einen Grund schaffen, dass ich als Arbeitnehmer hinschaue. Ich brauche nicht ein Prozent Aufmerksamkeit bei 200 Kandidaten, sondern 100 Prozent Aufmerksamkeit bei 20 Kandidaten.“ Und weil KMU in Sachen Sichtbarkeit und Bekanntheit mit Industriegrößen wie Bosch und Co. schon aus Budgetgründen nicht mithalten könnten, sei eben kreatives Regelbrechen angesagt. Dazu gehöre das schlichte Vereinfachen des Recruitingprozesses. Das könne das aktive Zugehen auf Kunden sein, ehrlich und offen. „Einen netten Brief aufsetzen und sagen: Wir würden gerne wachsen und suchen geeignetes Personal. Können Sie uns jemanden empfehlen?“, wäre hierfür ein Beispiel, sagt Martin Gaedt.
Überhaupt fehlt dem Unternehmer und Provotainer im Recruiting das Überraschungsmoment. „Nur wenn ich als Bewerber positiv überrascht werde, gibt es überhaupt einen Grund hinzuschauen.“ Und das schaffe er mit Umdrehen, wie Martin Gaedt es nennt. Was es damit auf sich hat? Um ein konkretes Beispiel ist der studierte Theologe nie verlegen: „Stell dir vor, der Postbote klingelt an deiner Tür und überreicht dir ein Päckchen. Es riecht toll und sieht auch gut aus. Nur hat es keinen Absender. Egal, du reißt es auf und zum Vorschein kommt ein Smartphone der Oberklasse. Und an dem Smartphone klebt ein Zettel: Rufen Sie uns an, wir sind Ihr neuer Arbeitgeber!“. Das habe eine Firma tatsächlich gemacht, sagt Martin Gaedt. Die habe 20 solcher Päckchen verschickt und kurze Zeit darauf fünf neue Mitarbeiter eingestellt. „Das klingt erstmal teuer, aber ist im Endeffekt im Ergebnis günstiger.“
Dass auch im Recruiting, wie in den meisten anderen Bereichen, bereits alles erfunden worden sei, gilt für Martin Gaedt nicht als Entschuldigung für mangelnde Kreativität. „Es gibt in dem Sinne keine neuen Ideen, sondern es gibt neue Ergebnisse aus einem neuen Mixprozess.“ So wie es eine bestimmte Anzahl von Tönen gebe und trotzdem immer wieder neue Lieder dabei rauskämen. Warum also nicht aus einer Radtour oder einem Pokerabend heraus rekrutieren? Es müsse nicht immer das Bewerbungsgespräch sein und darüber hinaus auch als solches bezeichnet werden. „Ich kenne Firmen, die stellen Pizza und Bier hin und sagen zu ihren Kandidaten: bring noch zehn Freunde mit!“, sagt Martin Gaedt. Und nach drei Wochen, drei Monaten oder selbst nach drei Jahren noch kämen dann die Bewerbungen von diesen Teilnehmern. „Weil die das in anderen Firmen nicht erleben.“
Jeder Umdenkprozess beginne mit Fragen, sagt Martin Gaedt. „Wenn ich nicht anfange, Dinge in Frage zu stellen, werde ich nie etwas ändern.“ Wer sagt, dass Azubis jung sein müssen? „In Niedersachen war 2019 der beste Azubi ein 39-Jähriger“, sagt Martin Gaedt. Wie trete ich in Kontakt mit Ingenieuren? Denn wer aktiv auf potentielle Mitarbeiter zugehen möchte, müsse wissen, wo er die erreicht. Und auch hier hat der Theologe turns Provotainer ein Beispiel zur Hand: „Eine Firma hatte herausgefunden, dass überdurchschnittlich viele Ingenieure Heavy Metal hören. Also kaufte sie vier Tickets für das Wacken-Festival und schrieb in eine Stellenanzeige: unter allen qualifizierte Bewerbern verlosen wir vier Tickets für Wacken“. Dieses kleine Ingenieursbüro habe so viele Bewerbungen bekommen wie nie. Man könne natürlich als suchender Personaler selbst auf das Festival gehen, sagte Martin Gaedt. „Wenn ich mit jemanden mal Pogo getanzt habe, dann weiß ich, ob ich mit dem kann oder nicht.“
Zur Person: Martin Gaedt, Jahrgang 1968, studierte zunächst Theologie an der Berliner Humboldt-Universität. Anstatt in die Kirche ging Martin Gaedt aber in die freie Wirtschaft. Er ist seit vielen Jahren Ideenfitnesstrainer, Unternehmer und Autor der Bücher „Mythos Fachkräftemangel“ (2014) und „Rock Your Idea“ (2016). Martin Gaedt ist Preisträger „Alternativer Wirtschaftsbuchpreis 2016“ und „Land der Ideen 2012“. Seit 1999 gründet er Unternehmen. Meist mit Erfolg. Seine zeitweise bis zu 60 Kolleginnen und Kollegen hat er immer selbst gesucht und gefunden, ohne eine einzige Stellenanzeige geschrieben zu haben.
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